Heute erzählt uns Anke von Lucies Hundefutterblog die Geschichte von ihrer Hündin Lucy, einem „Tierschutz-Hund“.
Ich wollte einen Goldi …
Ja, so einen hübschen, blonden, kuscheligen, mit dem tollen „will to please“ ausgestatteten Retriever. Das war mein Traum. Aber einen aus dem Tierschutz. Das musste sein. Ich leide nämlich am Helfer-Syndrom. Wenn man aber im Tierschutz einen Golden Retriever sucht, hat man ein Problem. Hat der Hund eine helle Fellfarbe, ist ein bisschen wuschelig und wird etwa mittelgroß, DANN ist es ein GOLDEN RETRIEVER Mischling. Die gehen nämlich gut. Das Angebot ist also groß. Und ein Welpe sollte es sein.
Das erste Bild, das Google bei der Eingabe „Tierschutz Golden Retriever Welpe“ ausspuckte, war eine süße kleine Hündin mit rosa-farbenem K9-Geschirr. Das war wohl Schicksal. Natürlich hatte ich noch keine Ahnung, von diesem Schicksal. Es war nur ein Gefühl, aber eins, das dafür sorgte, dass ich heulend vor dem PC saß. Wirklich, gleich beim ersten Mal, als ich Lucy (die da noch Lady hieß) gesehen habe.
Ich hatte schon Erfahrung mit Hunden aus dem Tierschutz und ich wollte nur einen Hund von einer Tierschutzorganisation nehmen, die aktiv im vorbeugenden Tierschutz tätig ist und die mir über einen Hund viele Infos geben kann. Also habe ich recherchiert, mir angeschaut was die Orga noch so macht, Infos zum Hund angefordert, mich eingehend informiert. Alles passte.
Ein zitterndes Fellbündel …
Am 24. September 2012 durften wir in den frühen Morgenstunden auf dem Grundstück der transportierenden Tierschutzorganisation unser neues Familienmitglied in Empfang nehmen. Es war ein sehr beeindruckendes Erlebnis, das weder mein Mann noch ich je vergessen werden. Lucy war ein kleines, zitterndes Bündel Fell, ängstlich und dürr. Ein Transport in der mitgebrachten Hundekiste ging gar nicht und so reiste Lucy schlicht auf meinem Schoß in ihr neues Leben, noch mal 50 km weiter.
Dort musste sie erst mal die nächste Feuerprobe bestehen: die Bekanntschaft mit unserem Terrier Leo, der ja nun ihr neuer artgenössischer Lebensgefährte werden sollte. Natürlich hat sie die gut gemeistert, obwohl Leo sie erst mal ziemlich blöd und nicht beachtenswert fand.
Lucy hat es vom ersten Tag an bei uns gefallen und entsprechend hat sie sich schnell eingelebt. Mit ihren gerade mal 5 Monaten war sie quasi vom ersten Tag an stubenrein. Sie hat sich im Eiltempo von dem ängstlichen, zitternden Fellbündel der ersten Tage zu einem fröhlichen munteren, geradezu glücklichen Hund entwickelt.
Auto fahren ist doof
Das Autofahren war zu Anfang ein Problem. Die lange Fahrt von Ungarn, wo sie herkam, hatte wohl eine Art Trauma hinterlassen. Ich habe lange mit ihr geübt, es hat aber nichts den richtigen Durchbruch gebracht, bis ich am Ende zu einer etwas unüblichen Methode gegriffen habe. Ich habe ihr klar gemacht, dass wenn sie nicht mitkommen möchte, im Auto, dass wir dann ohne sie fahren. Das hat sie sehr beeindruckt und damit war das Thema Auto erledigt. Seit dem sind wir viele Kilometer gefahren, auch in den Urlaub, bis nach Italien sogar. Es gab keine Probleme mehr. Manchmal muss man halt zu unorthodoxen Methoden greifen, um Erfolg zu haben.
Ein weiteres Problem stellten fremde Hunde dar. Was auch immer sie erlebt haben mag, im Tierheim in Ungarn, für sie war jeder fremde Hund, der ihr begegnete ein Feind. Von Anfang an. Wenn sie konnte ist sie abgehauen, ging das nicht, wurde der Fremde angeknurrt und sie erstarrte. Es stimmt also nicht, das Märchen, dass Hunde aus dem Tierschutz sich mit allen Hunden toll verstehen, weil sie ja so super sozialisiert sind, im Tierheim.
Da es sich hier offensichtlich um eine Schutzfunktion handelte, haben wir die ersten Wochen fremde Hunde „schöngefüttert“. Heißt, sobald solche in Sicht kamen, gab es was Leckeres. Das hat auch auf jeden Fall für Besserung gesorgt. Ganz haben wir das Verhalten aber bis heute nicht in den Griff bekommen. Ich persönlich finde, man muss auch nicht unbedingt fremde Hunde treffen. Man kann ja z. B. Bögen schlagen. So machen wir das heute meist auch, ruhig und bestimmt werden fremde Hunde einfach umgangen. Ruhig und bestimmt finde ich deshalb vor allem wichtig, weil es dem Hund vermittelt „that´s none of your business!“ Wirklich schlimm finde ich das Ganze nicht, wir Menschen mögen auch nicht jeden. Manch einer fühlt sich in Gesellschaft von Fremden nicht wohl. Und auch Hund muss ja wohl nicht jeden lieben. Dafür treffen wir in regelmäßigen Abständen ihre Hundefreunde.
Jagdhund statt Goldi
Vielleicht als Ausgleich ist Lucy dafür mit einer unbeschreiblich großen Liebe zu den Menschen ausgestattet. Das zeigte sich in den ersten Monaten auch durch ein besonderes Verhalten. Immer, wenn eines unserer Familienmitglieder nach Abwesenheit wieder heimkehrte, pullerte Lucy einen kleinen See vor Freude. Das war auch einer der ersten Hinweise (neben ihrer Optik) auf mögliche Rassenzugehörigkeiten. Dieses Freudenpullern ist nämlich z.B. eine typische Verhaltensweise der Magyar Viszla Hunde. Tja, statt dem Goldi mit dem tollen „will to please“ hatten wir uns einen waschechten Jagdhund ins Haus geholt. Lucy ist nämlich offensichtlich nahe verwandt mit der strubbeligen Ausführung dieser Rasse, genannt ungarischer Drahthaar Viszla. Und ebenso offensichtlich mit eben jenem Jagdtrieb ausgestattet, was sie gleich in ihren ersten Wochen sehr beeindruckend unter Beweis stellte. Was ihr wiederum unseren mittlerweile ständigen Begleiter, eine lange Schleppleine, einbrachte.
Würde ich es wieder tun?
Ja. Ich würde es wieder tun.Ich liebe Lucy von ganzem Herzen, wie auch der Rest meiner Familie. Ich kann mit den Schwachstellen umgehen und ich weiß um die Probleme, die eine falsche oder mangelhafte Prägung auslösen kann. Bei einem Hund aus dem Tierschutz, bei dem oft keiner wirklich weiß, was der Hund bisher für ein Leben geführt hat, wie er aufgewachsen ist, muss man einfach mit solchen Defiziten rechnen. Das wichtigste war für mich, vorher zu erfahren, dass sie gut auf Menschen geprägt ist. Deshalb war mir viel Info von der Tierschutzorganisation so wichtig. Alles andere lässt sich lösen, zur Not auch einfach managen, wie Lucies Problem mit fremden Hunden. Auch was den Charakter betrifft, lassen sich bei einem solchen Mischling undefinierbarer Herkunft kaum Vorhersagen treffen. Da muss man in Kauf nehmen, dass man ein Überraschungspaket bekommt. Ein Leben ohne Lucy kann sich hier jedenfalls niemand mehr vorstellen und ich am allerwenigsten.
Ich danke Anke von Lucies Hundefutterblog für diese tolle Geschichte. Wenn Ihr Lust habt, besucht doch einfach Ankes Blog oder ihre Facebookseite 🙂 .
Eine interessante Geschichte, die ich in vielen Fällen aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen kann. Meine beiden kamen auch 2012 aus Ungarn und waren um die fünf Monate alt. Leider hat es bei ihnen nicht so schnell geklappt mit der Stubenreinheit. Monate musste ich daran arbeiten. Mit dem ersten Frühjahr und Sommer wurde es dann besser, da die Haustüre in den Garten öfter offen war und die Hunde einfach so hinauskonnten. Als diese Zeit im Herbst zu Ende ging, fingen die Probleme wieder an. Heute haben wir das Thema endlich im Griff.
Man weiß nie, was man letztlich bekommt. Das trifft auch auch meine zu. Einer von beiden, Floppy, ein Dackelmischling, ist von extremer Unsicherheit gegenüber Fremden geplagt. Bei Menschen geht es soweit, doch bei Hunden ist alles vorbei. Bisher sind wir auch noch nicht bei einem befriedigenden Zustand. Es wird nie perfekt werden, so wie bei Lucy. Wären wir aber schon mal soweit wie sie, hätten wir viel gewonnen.
Missen würde ich meine beiden trotz aller kleineren und größeren Schwierigkeiten (Herausforderungen) aber auch nicht wollen.
Sehr, sehr schön geschrieben! 🙂
Alle meine Tiere sind auch aus dem Tierheim und das ist einfach so ein großer Unterschied einem Tier mit einer unschönen Vorgeschichte ein neues Zuhause zu geben … 🙂
Hallo liebe Sylvia,
ja, ich finde du hast absolut recht. Allerdings, den Traum vom Goldi, den hab ich immer noch … und nach mehreren eigenen Tierschutzhunden und diversen Pflegehunden (ebenfalls Tierschutz) hätte ich vielleicht irgendwann doch noch mal gerne einen Hund, bei dem ich Prägung / Entwicklung etc beeinflussen kann, also so richtig vom Züchter. Da würde ich mir aber auch einen besonderen aussuchen, der 1. ganzheitlich züchtet und am liebsten einen, der nur ab und an züchtet (also quasi nur auf Bestellung). Aber, wer weiß, wenn eine solche Entscheidung mal wieder anstehen sollte, kommt mir wohlmöglich doch wieder das Helfersyndrom in die Quere 😀 …
Was ich mittlerweile gelernt hab, es ist viel, viel leichter, wenn der Hund im Frühling oder Sommer kommt. Da klappt das dann viel besser mit der Stubenreinheit. Und bei Mädels geht es wohl einfacher 😀
Bei uns klappt das auch nicht immer alles mit Lucy. Man hat ja auch solche und solche Tage. Und Hund auch. Und Umstände, andere Leute …
Eine tolle Geschichte ❤
Meine zwei Tierschutzfellnasen würde ich auch nieeeeee wieder hergeben, egal wie viele Tiefen es gibt 🙂
Liebe Grüße
Anna