Hundefriseur – Der Horror für manchen Hund

Für manche Hunde ist der Besuch beim Hundefriseur der absolute Horror. Das kann viele Gründe haben. Ich arbeite schon ein paar Jahre als Hundefriseurin, und habe die ein oder andere Erfahrung mit Hunden gemacht. Ähnlich, wie der Mensch, sind alle Hunde unterschiedlich. Natürlich kann man anhand der Rasse schon Schlussfolgerungen ziehen, was den Charakter des Hundes angeht. Aber es spielen noch ganz viele andere Faktoren eine Rolle. Und was ist eigentlich mit Tierschutzhunden? Sind das immer alles Angsthasen, die extrem Stress beim Hundefriseur haben?

Hundewelpe bei feingemacht

Die Welpenprägung ist die wichtigste Phase im Leben eines Hundes

Die Welpenprägung

So wie wir Menschen in unserer Kindheit geprägt werden, so werden auch Hunde in ihrer Welpenphase geprägt. In meinem neuen Buch (was Ende Dezember im Handel erhältlich ist) schreibe ich ausführlich zum Thema Welpenschule. Denn alles beginnt in der Kindheit. Der Mensch kann tausende Bücher über Psychologie und die Bedeutung der Kindheit lesen, oder einfach in eine Psychotherapie gehen. Aber der Hund? Leider neigt der Mensch dazu den Hund zu vermenschlichen. Und ganz ehrlich sind Hundewelpen ja auch wirklich so süß. Da vergisst man schon mal die strenge Erziehung, der ist ja noch so klein, der Welpe. Ein weiteres Problem ist, dass viele Menschen Hunde nicht lesen können. Sie deuten das Verhalten des Welpen falsch und reagieren in gewissen Situationen falsch. Der Hund lernt also Dinge, die er nicht lernen soll. Gerade beim ersten Welpentraining in meinem Salon merke ich immer wieder, dass der Mensch die gleichen Fehler macht. Ein weiteres Problem ist, dass viele Hundebesitzer permanent ihren Hund vollquatschen. Der arme Hund bekommt permanent Aufmerksamkeit und kommt gar nicht zur Ruhe. Gerade junge Hunde brauchen viel Ruhe und Schlaf. Den kleinen Welpen auch mal zu ignorieren, fällt aber vielen Leuten schwer. Das Ergebnis ist ein aufgedrehter und nervöser Hund. Im schlimmsten Fall hat der kleine Welpe sogar Angst, da der Mensch die anfängliche Angst des Welpen unterbewusst noch verstärkt.

Franziska Knabenreich Hundefriseurin

Ich stehe regelmäßig für hundkatzemaus vor der Kamera und frisiere Tierschutzhunde

Der Tierschutzhund – Immer ein Angsthase?

Bei einem Hund aus dem Tierschutz kann man nicht sagen, wie er als Welpe geprägt wurde. Und das ist manchmal Fluch und Segen zugleich. Der Mensch lebt gern in der Vegangenheit und neigt dazu den armen Tierschutzhund zu bemitleiden. Er hat doch so schlimme Sachen erlebt und vertraut dem Mensch nicht. Bei meiner Arbeit für das Tiermagazin hundkatzemaus auf VOX drehe ich seit Jahren mit Tierschutzhunden. Sie kommen direkt aus dem Tierheim und haben noch nie eine Bürste, geschweige denn einen Hundefriseur gesehen. Für diese Hunde zählt nur das Hier und Jetzt. Sie beurteilen eine Situation instinktiv. Natürlich spielt es auch eine Rolle, ob ein Hund schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat oder nicht. Aber eher sekundär. Hunde können binnen Sekunden ihr Gegenüber einschätzen und lernen sehr schnell mit der Situation umzugehen. Sie haben für bestimmte Situationen bestimme Strategien entwickelt. Diese Strategien kann man aber durchbrechen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Tierschutzhunde eher zurückhaltend und ruhiger sind, als Hunde, die bereits als Welpe in einer Familie aufwachsen. Aber woran liegt es, dass Tierschutzhunde beim Hundefriseur entspannter sind, als Rassehunde? Sind sie dankbarer für ihr neues Leben? Oder liegt es daran, dass der Mensch sie in ihrer wichtigsten Prägephase nicht „versaut“ hat. Woran liegt es, dass Hunde, die als Welpe ein Zuhause haben oft frecher und nervöser beim Hundefriseur sind, als Tierschutzhunde?

gestresster Hund

Links ist der Hund am Anfang noch sehr gestresst – rechts nach dem Training und der Behandlung ist er entspannter

Der Horror Hundefriseur

In den letzten Jahren habe ich eine interessante Erkenntnis gewonnen: Tierschutzhunde sind oft entspannter beim Hundefriseur. Oder anders gesagt, der Mensch versaut oft den geliebten Welpen selbst. Es hat aber viele Gründe, warum manche Hunde einen Horrorfilm beim Friseur fahren. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich und können sein:

  • falsche Welpenprägung
  • schlechte Erfahrung beim ersten Hundefriseurbesuch
  • ängstliches Besitzer
  • Vermenschlichung des Hundes
  • nervöse Besitzer, die viel mit ihrem Hund reden
  • Krankheiten wie Epilepsie
  • sie wurden von einem Hundefriseur verletzt
  • schlechte Erfahrung beim Tierarzt
  • schlecht erzogene Hunde, die ihre Grenzen nicht kennen
  • sie machen eine Show für ihre Besitzer
  • schlechte Erfahrung mit Menschen generell
  • falsch auf das Thema Fellpflege vorbereitet
  • unsicherer oder nervöser Hundefriseur
Chihuahua beim Hundefriseur

Wenn Hunde nach dem Friseurtermin entspannt sind…

Sicherlich gibt es noch andere Gründe, aber diese hier fallen mir aus Hundefriseursicht ein. Viele Neukunden erzählen vor ihrem ersten Besuch bei mir, wie schlimm der Hund den Friseurbesuch findet. Und das ist oft schon das erste Problem. Es wird einfach viel zu viel Geschiss um den Hund gemacht :-). Der Mensch thematisiert diesen Punkt zu viel und verschlimmert die Situation dadurch. Natürlich muss ich als Hundefriseurin wissen, wie der Hund sich beim Hundefriseur anstellt. In der Regel gleicht jedoch die Realität bei mir im Salon nicht den Erzählungen der Kunden. Klar, es gibt Hundefriseure, die einfach ihren Beruf verfehlt haben und sich mit Hunden nicht auskennen. Aber dazu komme ich ein anderes Mal. Ich als Profi muss erkennen, wo das Problem liegt. Und oft ist es die Mensch-Hund-Bindung. Der Hund spiegelt den Menschen. Der Hund ist, was der Mensch draus macht. So haben ängstliche Menschen oft ängstliche Hunde, unsichere Menschen, unsichere Hunde etc. Und laute, nervöse Menschen haben oft Hunde mit ähnlichen Eigenschaften.

 

Die Therapie des Hundes

Was also tun, wenn der Hund Angst beim Hundefriseur hat? Ganz einfach, um es mal mit den Worten meines Reitlehrers Tommy Freundlich zu sagen: Reseten. Die Resettaste kann auch bei Hunden gedrückt werden. Einfach mal von vorne anfangen. Ohne Druck, ohne Stress. Mal was Neues ausprobieren. Bis jetzt hat diese Strategie bei fast allen ängstlichen und gestressten Kunden von mir funktioniert. Eine weitere Lösung ist es, den Hund ohne Frauchen zu frisieren. Hunde sind oft viel entspannter, weniger gestresst und weniger frech, wenn ihre Besitzer nicht dabei sind. Sie bekommen keine Ansprache durch ihre Besitzer und werden auch nicht mit deren Emotionen konfrontiert. Denn jeder Pieps, den der Hund macht, wird oft vom Frauchen in Frage gestellt oder kommentiert. Dadurch lernt der Hund nur, dass der Pieps Berechtigung hatte. Ein guter Hundefriseur erkennt die Mensch-Hund-Bindung, mit der er es zu tun hat und erkennt den Hund recht schnell von seinem Wesen. Ich muss mir oft nur die Besitzer genauer anschauen und weiß, wie der Hund ist. Klar ist das jetzt eine recht pauschale Aussage, aber in der Regel stimmt es. Ein absolutes No Go ist es übrigens, wenn Besitzer beim Hundefriseur ihren Hund festhalten! Stellt euch mal vor, ihr sitzt auf dem Zahnarztstuhl und werdet dabei noch festgehalten. Ich würde da wohl durchdrehen! Das geht gar nicht, denn das ist eine Art Zwang für den Hund. Mal davon abgesehen schaukeln sich dann oft Hund und Frauchen zusammen hoch. Und alle sind hinterher gestresst und klatschnass.

Viszla aus dem Tierschutz

Tierschutzhund Maiki fand sein erstes Bad voll doof – beim zweiten Mal lief es schon viel besser

Nicht aufgeben – Es kann besser werden!

Wichtig ist, dass man kein Gedöns um den Friseurbesuch macht. Es ist nicht der Metzger, es ist nur ein Hundefriseur. Vor allem solltet ihr mit dem Friseur darüber reden. Ich habe so viele Kunden bei mir, für die der Hundefriseurbesuch früher ein absoluter Horror war. Und von Mal zu Mal wurde es schlimmer. Denn die Emotionen des Frauchens haben sich schon vor dem Besuch beim Hundefriseur auf dem Hund entladen. Diesen Teufelskreislauf gilt es zu unterbrechen. Mit neuen Wegen, Ruhe und unkonventionellen Methoden. Einmal Reset drücken und von vorn anfangen. Es hängt 80% in dieser Situation vom Hundefriseur ab. Absolute Ruhe, ein entspannter Hundefriseur, der seine Mitte hat und sich nicht von Hund oder Frauchen anstecken lässt, sind hier sehr wichtig. Aber auch Geduld und Rudelführung spielen eine Rolle. Wenn der Hund den Hundefriseur als temporären Rudelführer akzeptiert, ist es in der Regel eine Frage von Minuten, bis er sich frisieren lässt. Und wenn alles nicht hilft, muss man immer wieder kleine Übungstermine mit dem Hundefriseur machen. Denn steter Tropfen höhlt den Stein und Übung macht den Meister!

Und wenn euch der Beruf Hundefriseur interessiert, dann schaut doch einfach mal auf der feingemacht&friends Webseite vorbei und erfahrt alles über unser neues Hundesalon Franchisesystem und die feingemacht Ausbildung zum Hundefriseur.

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