Mal eben schnell Züchten? Was man bei der Zucht von Hunden beachten sollte

Beim Thema Hundezucht kenne ich mich nicht aus. Aber oft höre ich von Leuten, dass sie gern einmal ihre Hündin decken lassen würden. Ob das so einfach ist und was man beachten sollte sagt uns heute Kellie vom Yorkshire Terrier Blog. Sie hat es getan und ihre Hündin decken lassen. Kellie hat eine sehr gesunde Einstellung zum Thema Zucht und ich wünschte, es würden sich mehr Leute vorher Gedanken machen, bevor sie „Hobbyzüchter“ werden. Ich sage hier schon mal Danke an Kellie für den ehrlichen Bericht zum Thema Hundezucht!

Beinahe nirgends liegt Glück und Leid so nah beieinander wie bei der Hundezucht. Auch wer nur einmal im Leben Welpen von seiner Hündin haben möchte ist ein Züchter und übernimmt damit eine große Verantwortung. Wenn auch Ihr mit dem Gedanken spielt, Eure Hündin früher oder später einmal decken zu lassen, solltet Ihr euch vorher über einige wichtige Punkte klar werden. Laut Definition ist die Züchtung die vom Menschen kontrollierte Vermehrung von Pflanzen oder Tieren mit dem Ziel, Pflanzensorten oder Tierrassen mit bestimmten erwünschten oder neuen, vererbbaren Eigenschaften oder Merkmalen zu erhalten. Und damit wären wir schon beim ersten Thema: Vererbbare Eigenschaften und Merkmale.

Hundemama mit ihrem Welpen

Mutter und Kind im Glück

Verantwortungsvolle Züchter und solche, die es werden wollen, wählen in der Regel die künftige Zuchthündin bereits als Welpe nach bestimmten Kriterien aus. Eine Ahnentafel des VDH oder anderen Vereins oder haufenweise Championate garantiert noch nicht, dass die Hündin auch zur Zucht geeignet ist.
Bis man eine Zucht unter dem Deckmantel eines Vereins betreiben kann, hat man einen langen Weg zurückzulegen.

Kann jeder einfach so Züchten?

Sowohl die Zuchtstätte als auch die Hündin selber werden genau unter die Lupe genommen. Und das aus gutem Grund. Liegen bei der Zuchthündin oder dem Deckrüden vererbbare Krankheiten vor, so sind diese Tiere verständlicherweise von der Zucht ausgeschlossen. Eine Ahnentafel garantiert einem in der Regel, dass über Generationen ausschließlich gesunde Hunde zur Zucht verwendet wurden. Genau hier liegt auch das Problem, wenn man nur einmal im Leben einen Wurf von seiner eigenen Hündin möchte. Die Elterntiere sind vielleicht noch bekannt, seltener jedoch die Großeltern und Urgroßeltern. Hatte der Opa vielleicht eine schwere Hüftgelenksdysplasie? Die Urgroßoma einen bösen Überbiss? Litt einer der Vorfahren an Epilepsie oder Patellaluxation? Jede Hunderasse ist anfällig für bestimmte rassetypische Krankheiten. Auch wenn die eigene Hündin gesund ist, kann sie Krankheiten ihrer Vorfahren vererben. Genauso der Deckrüde. Dessen sollte man sich bewusst sein. Sollten die Welpen mit einem Gendefekt geboren werden, wird es schwierig, diese Welpen zu verkaufen.

 

Hundewelpe

Ein Hundewelpe sollte Artgerecht aufgezogen werden

Sogar wenn eine Krankheit erst zu einem späteren Zeitpunkt auftritt, kann man als Züchter vom Welpenkäufer haftbar gemacht werden. Man stelle sich vor, die Hündin wirft 10 Welpen, von denen 5 krank sind. Dann hat man ab sofort 6 Hunde die versorgt werden müssen. Von den Kosten für den Tierarzt mal ganz zu schweigen.

Hundezucht – Ein lukratives Geschäft?

Apropos Geld… Ihr glaubt, die Hundezucht sei ein lukratives Geschäft? Auf den ersten Blick mag das so erscheinen. Gehen wir mal von einem Wurf mit 5 Welpen aus, die für je 400,- € verkauft werden, macht summa summarum 2.000,- €. Nettes Sümmchen, gebe ich zu.
Dem gegenüber stehen die Kosten die man hat, bevor die Welpen den Besitzer wechseln. Die Hündin muß untersucht, geimpft, mehrfach entwurmt und mit speziellen Futter gefüttert werden. Das Gleiche gilt für die Welpen. Gehört man keinem Zuchtverein an hat man bereits mindestens 800,- € bis zur Abgabe investiert. Gibt es Komplikationen wie z. B. ein Kaiserschnitt oder ein Welpe ist krank, hält auch der Tierarzt die Hand auf. Züchtet man im Verein sind die Kosten um ein vielfaches höher. Hier kommen noch Gebühren für den Zuchtwart, den Deckrüden, die Ausstellungen, Ultraschalluntersuchungen etc. dazu. Auch wenn diese Welpen mit Papieren teurer sind, von der Zucht leben können die wenigsten. Und wer garantiert, dass es tatsächlich 5 Welpen werden? In unserem Fall war es beim letzten Wurf nur 1 Welpe. Da geht die Rechnung nicht mehr auf. Eingerechnet habe ich bewusst nicht die Kosten, die theoretisch durch die Arbeit und den Aufwand der Aufzucht entstehen. Die Wurfkiste bzw. der Welpenauslauf muß mehrmals täglich gereinigt werden. Spätestens ab der dritten Woche müssen die Welpen sozialisiert und trainiert werden. Interessenten werden zu den unmöglichsten Zeiten anrufen, nur um einem „zu teuer“ an den Kopf zu werfen. Andere werden mehrmals zum Welpengucken vorbeikommen, nur um sich kurz vor Abgabe anders zu entscheiden oder zu merken, dass man eigentlich nicht mehr als 50,- € im Monat investieren kann. Legen wir also einfach mal den Mindestlohn von 8,50 € und 10 Wochen bis zur Abgabe zu Grunde.

Hundewelpe

Ein Hundewelpe sollte Artgerecht aufgezogen werden

Da wäre das Säubern der Wurfkiste inklusive Reinigung der Liegeunterlagen, das Füttern, das Wegputzen der Hinterlassenschaften, das Welpentraining, Besuche beim Tierarzt (Chippen, Kontrolle, Impfung usw.), Besuche der Interessenten… sagen wir einfach mal 4 Stunden intensive Beschäftigung am Tag. Macht insgesamt 2.550,- €. Soviel hätte man in dieser Zeit theoretisch in einem Teilzeitjob verdienen können. Hat man aber nicht, weil man ja zuhause bei den Welpen sein muss.

Wie viel Zeit benötigt man für die Welpenaufzucht?

Ist man berufstätig steht man vor dem nächsten Problem. Selbst wenn man einen äußerst kulanten Arbeitgeber hat, der einem den kompletten Jahresurlaub am Stück gewährt, wer kümmert sich die restlichen Wochen um den vierbeinigen Nachwuchs? Sind alle Familienmitglieder bereit, selbst zurück zu stecken und ihre Freizeit und Schlaf zu opfern? Bisher bin ich immer noch vom günstigsten Fall ausgegangen. Dass sowohl die Mutterhündin als auch der Wurf gesund ist.  Was aber, wenn es zu einer Frühgeburt kommt? Oder einer Wehenschwäche? Was, wenn ein Kaiserschnitt nötig ist? Wenn Welpen tot auf die Welt kommen oder aufgrund eines Defekts eingeschläfert werden müssen? Was, wenn die Mutter nicht säugt und man dies alle 2 Stunden übernehmen muss. Tag und Nacht. Und, am Schlimmsten, was, wenn die Hündin die Geburt nicht übersteht?
Könnte man das verkraften? Würde man sich nicht auf ewig Vorwürfe machen, dass das passiert ist, nur weil man einmal im Hundeleben Welpen wollte?
Ich möchte auf keinen Fall hier den Zeigefinger heben und jeden verurteilen, nur weil er darüber nachdenkt, einmal einen Wurf haben zu wollen. Ich kann diesen Wunsch sehr gut verstehen. Nichts ist schöner, als bei einer Hundegeburt dabei zu sein, die kleinen Würmchen das erste Mal zu streicheln, sie aufwachsen zu sehen, mit ihnen zu spielen, ihnen den bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen und in liebevolle Hände abzugeben.

Hundemama mit ihrem Welpen

Züchten sollte gut überlegt sein

Jedoch muss man sich vorab eingehend mit dem Thema und den Eventualitäten auseinandersetzen. Es reicht nicht, ein bisschen im Internet zu lesen und zu glauben, dass schon alles gut geht. Man übernimmt eine große Verantwortung für Lebewesen, die es verdient haben, gesund und glücklich zu sein. Das ist unsere Aufgabe als verantwortungsvolle Züchter.

6 Kommentare

  1. Hallo Kellie, hallo Franziska, toller Artikel mit einem guten Rundumblick zum Thema Züchteralltag. Hier ist vieles angesprochen worden, was uns auch auf dem Herzen liegt, deshalb haben wir kürzlich beim Kynos Verlag ein Buch zu diesem Thema geschrieben „Praxisbuch Hundezucht – ein Wegweiser für Züchter und Deckrüdenbesitzer“. Alle wichtigen Fragen zum Einstieg in die Hundezucht werden hier anschaulich und praxisnah erklärt, und eine Menge Hilfestellungen geboten, um eine gute Vorbereitung zu gewährleisten. Denn wir können Euch nur zustimmen: Züchten sollte gute überlegt sein.

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